Was darf ich als Aromatherapeut und was darf ich nicht?
Mir wird diese Frage als Dozent immer wieder gestellt: Was darf ich als Aromatherapeut und was darf ich nicht?
Ja, und selbst bei der Antwort darauf geht das Problem schon los: ich darf eigentlich keine Rechtsberatung durchführen. Aber als Ausbilder darf ich zumindest laut meinen Ausbildungsunterlagen, die ja regelmäßig runderneuert werden (was beim Gesetzgeber in BRD auch leider nötig ist), Auskunft geben.
Allerdings ist die Geschichte eigentlich ziemlich klar: Man darf keine gesundheitliche Behandlung durchführen, man darf keine Erkrankungen behandeln. Mit der Ausnahme: Man ist gleichzeitig eine medizinische Fachperson, also ein Arzt, Heilpraktiker, Physiotherapeut.
Unser aller Gesetzgeber hat in seiner ganzen Weisheit leider immer noch nicht verstanden, dass es Dinge gibt, die mehr als eines sind: Duftmittel, Pflegemittel, Putzmittel, „psychische Stütze“ und sogar „Wundheildings“! Und so kommt es, wie es halt gerade ist: Der Trend geht im Moment dahin, dass immer mehr verboten wird.
Erinnern Sie sich an früher, als Stevia noch nicht erlaubt war? Da hat man es zwar kaufen dürfen und als kosmetischen Stoff verwenden dürfen. Aber essen war eben verboten! Ich komme unten noch mal auf das „essen von Kosmetika“ zurück.
Der Gesetzgeber hätte gerne, dass jedes einzelne Ding im Leben eine bestimmte Wirkung haben soll, damit man es Kategorisieren kann. Dann wäre das einfach und klar. Nur so ist es eben nicht.
Jetzt sind die ätherischen Öle aber Multitalente, mit denen man ja arbeiten will. Wir nehmen sie als Kosmetika, als Stimmungsaufheller, als äußerliche Hilfe bei Hautunreinheiten, als Putzhilfe beim Frühjahrsputz, zur Raumbeduftung oder als Desinfektionsmittel. Und das in einem und dem selben Produkt. Da hat der Gesetzgeber schwer zu knabbern dran!
Ich beschreibe grad mal ’nen kleinen Behördenscherz, der den Behördenhumor verständlich beschreibt:
Wintergreenöl! Ich liebe diesen Duft. Wintergreen hat eine sehr einheimelnde Wirkung auf mich, der Duft ist süß und das Öl schmeckt auch süß. Nun hat die EU in ihrer ganzen Weisheit nach Jahrzehnten der Erlaubnis des Öls für Kosmetika beschlossen, dies zu widerrufen. Und zwar im Moment nur für Kinder, bzw. genauer gesagt: für Kosmetika für Kinder. Weil es schädlich ist, da in dem Öl so etwas drin ist wie in Schmerztabletten! Salizylsäure! Und das soll eben nicht in den Kinderkörper gelangen.
Richtig so, kann man im ersten Moment sagen. ABER: gleiches Gesetz erlaubt weiterhin die Anwendung in Kinderzahnpasten! Und das, obwohl das Öl über die Mundschleimhaut wesentlich besser aufgenommen wird, als über die Haut. Und so nebenher auch gesagt, dass in besagten Pasten oft auch Microplastik enthalten ist, das natürlich außer Diskussion steht.
Wo liegt also der Sinn in diesem Gesetz? Platt gesagt würde ich sagen: in der guten Lobbyarbeit der Pharmaindustrie. Denn ansonsten kann ich das nicht nachvollziehen.
Und schon sind wir wieder bei Ihnen, also den Lesern: man kann es leider nicht immer mit Verstand nachvollziehen, was man darf oder nicht!
Doch bevor wir jetzt anfangen zu jammern, wie schlimm alles in Deutschland ist, ein kleiner Trost: wir können uns wenigstens UNGEFÄHR orientieren. In der Schweiz kann es je nach Kanton unterschiedlich sein, was man darf oder auch nicht!
Ich darf in Deutschland also zum Beispiel:
- NICHT heilen oder eine solche Zusage treffen. Hebammen haben hier übrigens eine teilweise Sonderstellung. Das dürfen nur ausgebildete Mediziner.
- Diagnostizieren oder eine Anamnese stellen
- Nicht fertige Mischungen, die ich immer wieder brauche, auf Vorrat zusammenmischen und verkaufen. Das dürfen ausschließlich nur Apotheker oder speziell geschulte Privatmenschen
- Ich darf kein Mittel mit einer Heilungszusage verkaufen
- Ich darf aber sagen, welche Mischungen helfen KÖNNTE und darf das Rezept weitergeben. Mischen und anwenden kann dann mein Kunde, wie er will. Aber auf SEINE eigene Gefahr hin! Das hat im Übrigen vor Kurzem Primavera prüfen lassen. Danke dafür nochmals.
- Ich darf niemanden irgendwelche Reste von Mischungen mit nach Hause geben, denn dann handle ich als Apotheker! Also sollte man alles, was übrig bleibt, wegwerfen. Mit einer Ausnahme (bitte nicht lachen): Der Kunde mischt nach meiner Anweisung selbst das Ölgemisch zusammen, dann darf er es auch mit nach Hause nahmen!
- Beratende Personen, die gewerblich handeln, brauchen einen Gewerbeschein.
- Wellnessmasseure dürfen sich in Deutschland alle Menschen nennen, die nichts oder eben doch etwas gelernt haben. Diese dürfen aber auch nicht sagen „ich massiere Ihren steifen Nacken weg“ oder „ich nehme das Öl, das hilft bei Kopfweh“. Diese Masseure dürfen nur Wohlfühlmassagen im Sinne der Wellness durchführen.
- Beraten darf ebenfalls jeder, allerdings halt nicht medizinisch-therapeutisch. Man kann aber sagen: im Öle-Buch auf Seite xy steht, dass diese und jene Mischungen helfen KÖNNTEN! Also bitte immer schön schwammig bleiben.
Doch halt mal! Übertreibt der Autor da nicht gerade etwas?
In letzter Zeit behaupten bestimmte Anbieter von ätherischen Ölen, dass ihre Produkte so dermaßen rein wären, dass man sie auch in größeren Mengen innerlich einnehmen kann und das auch tun sollte. Als Beweis dafür nimmt man die Tatsache, dass keinerlei Gefahrensymbole auf den Fläschchen sein müssten.
Doch halt, hier die Lösung: nach unserem deutschem Recht kann man diese Gefahrenhinweise bei kosmetischen Mittel weglassen. Das ist also der Grund dafür: die Öle laufen als kosmetische Mittel nach der Kosmetikverordnung! Warum man dann aber Kosmetika innerlich einnehmen soll, erschließt sich mir nicht. Aber darum geht es ja auch nicht.
Was man aber weder bei Kosmetika, als auch nicht bei Lebensmitteln oder bei Bedarfsgegenständen, und all das können die ätherischen Öle ja sein, darf, ist: eine therapeutische Aussagen dazu abgeben. Und wer mal so bei Youtube herumguggt und die Starverkäufer dieser Öle dann findet: die tun genau das, nämlich eine therapeutische Wirkungen angeben oder bewerben!